Das Archiv des Malers Nikos Hadjikyriakos-Ghika umfasst ungefähr hundert persönliche Fotografien. Die Auswahl, die hier zu sehen ist, wurde mit einer Leica-Kamera in den 1930er Jahren auf Reisen des Künstlers durch Griechenland aufgenommen. Sie dienten als visuelle Notizen für seine Gemälde.
Wie Ghika in einem Interview aus dem Jahre 1994 anmerkte, reicht sein fotografisches Interesse in diese Jahre zurück und war das Ergebnis seiner Bekanntschaft mit dem Fotografen Émil Seraf, der in Athen ein Fotoatelier besaß, sowie mit dem Kritiker und Herausgeber der Cahiers d’art, Christian Zervos, mit dem Hadjikyriakos-Ghika eng befreundet war. Von Seraf erwarb Ghika das technische Wissen um die Kamera, während ihn Zervos die moderne Ästhetik der klaren Linie beibrachte, frontale Einstellungen, die die Flächigkeit des Bildes betonten und eine Kadrierung, die die geometrische Reinheit und abstrakte Qualität von Landschaften und Objekten unterstrich; was in der Folge ihr formalistisches Verhältnis zur modernen Kunst bestimmte, zugleich ein solches aber auch herstellte. Ghikas fotografisches Schaffen ist vor allem dort interessant, wo es mit den Bemühungen der griechischen Künstler_innen der Generation der 1930er Jahre zusammenfällt, die versuchten, ein eigenes modernes Idiom dessen zu entwickeln, was man als griechische „Linie“, griechisches Licht, bezeichnen kann, die modernen Qualitäten der Landschaft, der antiken Ruinen, aber auch der Volkskunst und der örtlichen Traditionen.
Obwohl die Abzüge nicht datiert sind, legen die Schriften und Gemälde des Künstlers nahe, dass die Fotos in den 1930er Jahren entstanden. Ganz gewiss hat Ghika einige bei einer Kreuzfahrt zu den Kykladen auf dem Schiff Patras II, während der 1933 stattfindenden Congrès internationaux d’architecture moderne (CIAM), aufgenommen. Sowohl Zervos als auch Ghika spielten bei diesem Ereignis eine entscheidende Rolle.
Die Fotografien erschienen erstmals in Dionysis Fotopoulos, Ghika. Φωτογραφικές Σημειώσεις (Ghika. Photographische Notizen, 1994).