Während sich Michel Foucaults Geschichte der Sexualität auf den Begriff der „Biopolitik“ stützte, um die moderne Formierung politisch-sexueller Subjekte zu verstehen, wird dieses Seminar die grundlegende Beziehung zwischen „Nekropolitik“ und sexuellen sowie Gender-Identitäten zum Ausgangspunkt nehmen. Im Laufe von drei Tagen skizzieren wir eine Genealogie der sich wandelnden Technologien, die den modernen Körper und seine Subjektivität produzieren. Eine Genealogie, die sich vom souveränen Regime und dem kolonialen Machtnetzwerk bis hin zu zeitgenössischen pharmako-pornografischen Formierungen erstreckt, womit der Versuch unternommen werden soll, die Verschiebungen vom Patriarchat zu modernen Vorstellungen von Homosexualität und Heterosexualität sowie heutiger Genderpolitik zu verstehen. Ziel dieser genealogischen Erkundung ist es nicht nur, das Archiv der Machtregime (und der Erfindung einer Serie von „lebendigen politischen Fiktionen“, die vom „souveränen Vater“ bis zum „Abnormen“ reichen) zu entpacken, sondern auch eine Kartografie von einander entgegengesetzten somato-politischen Technologien zu entwerfen. Das Seminar entwirft folglich eine neue Geschichte der Sexualität und zwingt den foucaultschen Diskurs, sich mit zeitgenössischen antikolonialen, queeren und trans/feministischen Theorien und Politiken auseinanderzusetzen.
Das Seminar wird von Paul B. Preciado gehalten und ist eine Zusammenarbeit zwischen der Athens School of Fine Arts (ASFA) und den Öffentlichen Programmen der documenta 14. Es richtet sich an ASFA Student_innen und an Teilnehmer_innen der Offene-Form-Gesellschaften der documenta 14, ebenso an Akademiker_innen und Aktivist_innen, die an politischer Theorie, Feminismus und Trans und Queer Studies interessiert sind.
Dienstag, 16. Februar 2017
19–21:30 Uhr
1. Sitzung: The Necropolitical Body. Blood, Sperm, and Sovereignty
Freitag, 17. Februar 2017
19–22 Uhr
2. Sitzung: The Biopolitical Regime and the Invention of Sexual Difference. Private Milk and Public Water
Samstag, 18. Februar 2017
19–22 Uhr
3. Sitzung: The Pharmacological Body. Technofluids, Sexual Capital, and Porn Data
Paul B. Preciado ist Philosoph, Kurator und Transgenderaktivist sowie einer der führenden Denker auf dem Forschungsfeld Gender und Sexualpolitik. Der Honors Graduate und Fulbright Fellow erwarb seinen MA in Philosophie und Gendertheorie an der New School for Social Research in New York, wo er bei Agnes Heller und Jacques Derrida studierte. Er besitzt einen PhD in Philosophie und Architekturtheorie der Princeton University. Sein erstes Buch Kontrasexuelles Manifest (2004 auf deutsch erschienen) wurde von Kritiker_innen als das „rote Buch der queeren Theorie“ gefeiert und hat sich für den europäischen Queer- und Transaktivismus zu einem grundlegenden Referenzwerk entwickelt. Preciado ist Autor von Testo Junkie. Sex, Drogen und Biopolitik (2016 auf deutsch erschienen) sowie Pornotopia (2012 auf deutsch erschienen), wofür er in Frankreich den Prix Sade de l’essai erhielt. Er war Forschungsleiter am Museum of Contemporary Art in Barcelona (MACBA) und leitete dort das Independent Studies Program (PEI). Zurzeit ist er Kurator der Öffentlichen Programme der documenta 14. Preciado lebt und arbeitet in Athen.