Educación cívica (Staatsbürgerkunde) versucht, in Anlehnung an Bodybuilding-Übungen soziale Koexistenz von Körpern zu „trainieren“. Wir sind alle Zivilist_innen: Sogar Soldat_innen besitzen eine bürgerliche Identität, und sei es im Schlaf. Umgekehrt sind wir als Zivilist_innen auch alle Soldat_innen, indem wir arbeiten und dadurch Teil einer Kriegswirtschaft werden.
Zevallos Performance improvisiert ein Spiel aus Kampf- und Versöhnungsgesten. Sie ist der Versuch, sich zwischen dem Wohnen in einem einzigen Körper mit einer einzigen Identität und einem vielfältigen Körper, einer Mischung mehrerer Identitäten und widersprüchlicher Verhaltensweisen, hin und her zu bewegen. Die Performance basiert auf einer früheren Arbeit namens Clase Media (Mittelschicht) des LOT Theatre von Carlos Cueva, Carlos Javier Vega und Sergio Zevallos aus dem Jahr 2005.
Sergio Zevallos' erster großer Auftritt war seine Geburt im besten Krankenhaus von Lima, nachdem es seiner Mutter gelungen war, widerrechtlich in die dortige Notaufnahme zu gelangen. „Notfall” erwies sich als Schlüsselbegriff in seinem weiteren Leben, da schon wenig später Perus Notstandsgesetze der 1970er und 1980er Jahre in ihm ein Gefühl der Entwurzelung erzeugten. Später wurde er Mitbegründer des Grupo Chaclacayo (1982-1995) und kam mit der Gruppe 1989 nach Deutschland. Als sich die Gruppe 1995 trennte, zog er nach Berlin, wo er noch heute lebt. Er ist ein Nomade und wechselt oft Wohnorte und künstlerische Disziplinen. Er begann mit dem Zeichnen und entdeckte später Performance, Fotografie, Installation, Schreiben und die Mischung von alledem. Seine Arbeit entwickelt sich ständig weiter wie eine Baustelle. Ihre wichtigsten Themen sind transkulturelle Identität, Gender und die Widersprüche in den Beziehungen zwischen Einzelmenschen und Mächten oder zwischen Privatleben und Öffentlichkeit.