Das Rose Valland Institut ist ein künstlerisches Projekt von Maria Eichhorn im Rahmen der documenta 14. Mit einem Call for Papers zu dem Thema Verwaistes Eigentum in Europa tritt das Institut erstmals an die Öffentlichkeit.
Das Rose Valland Institut ist ein interdisziplinär ausgerichtetes und unabhängiges Projekt. Es erforscht und dokumentiert die Enteignung der jüdischen Bevölkerung Europas und deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart. Benannt wurde es nach der Kunsthistorikerin Rose Valland, die während der deutschen Besatzungszeit in Paris die Plünderung der Nazis in geheim gehaltenen Listen aufzeichnete. Nach dem Krieg arbeitete sie für die Commission de Récupération Artistique (Ausschuss für die Rückführung von Kunst) und trug maßgeblich dazu bei, NS-Raubkunst zu restituieren.
Ausgehend von Maria Eichhorns vorherigen Ausstellungsprojekten Restitutionspolitik / Politics of Restitution, 2003 und In den Zelten ..., 2015 widmet sich das Rose Valland Institut dem Themenbereich ungeklärter Eigentums- und Besitzverhältnisse von 1933 bis heute. Das Institut thematisiert grundsätzliche Fragen zu Eigentum an Kunstwerken, Grundstücken, Immobilien, Vermögenswerten, Unternehmen, beweglichen Objekten und Artefakten, Bibliotheken, wissenschaftlichen Arbeiten und Patenten, die in der NS-Zeit jüdischen Bürger_innen in Deutschland und in den besetzten Ländern unrechtmäßig entwendet und bis heute nicht zurückgegeben wurden.
Das Rose Valland Institut wird anlässlich der documenta 14 gegründet und hat vom 10. Juni bis 17. September 2017 seinen Sitz in der Neuen Galerie in Kassel.
Workshop Verwaistes Eigentum in Europa
Datum: 11.–12. September 2017
Ort: Rose Valland Institut, Schöne Aussicht 1, 34117 Kassel
Der Workshop wird von den Provenienzforscherinnen Małgorzata A. Quinkenstein und Nathalie Neumann geleitet.
Thematischer Gegenstand des Workshops ist verwaistes Eigentum in den durch Gewaltherrschaft okkupierten Gebieten Europas in der Zeit von 1933–1949. Dabei werden drei Phasen differenziert, denen unterschiedliche Akteur_innen und Verhaltensformen zuzuordnen sind:
1933–1939 Systematische Enteignung jüdischen Eigentums in Deutschland und Österreich
1939–1945 Systematische Enteignung, spontane Plünderung und willkürliche Zerstörung in den besetzten Gebieten
1945–1949 Aneignung, Sicherstellung, Plünderung und Zerstörung
Im Fokus stehen insbesondere folgende Fragestellungen:
- Durch welche Prozesse wurde im NS-Regime die Kategorie „Privateigentum“ aufgelöst?
- Welche Diskursformen begleiten die Aneignung des verwaisten Eigentums im Paradigma zwischen Bedürftigkeit und Habgier?
- Wie prägt die Beziehung der neuen Besitzer_innen zu den verwaisten Objekten ihr soziales Netzwerk in Zeit und Raum?
Einzelne Vorträge sollten folgende Aspekte berücksichtigen:
- Was sind die historischen Ausgangssituationen, die zum Besitzwechsel führten?
- Wie reflektiert die nächste Generation ihr Erbe verwaisten Eigentums?
- Wie kann die Reflexion über verwaistes Eigentum Öffentlichkeit gewinnen?
- Welche Formen der Kooperation gibt es zwischen heutigen Besitzer_innen verwaisten Eigentums und Akteur_innen aus Wissenschaft und anderen Institutionen?
- Welche politischen Möglichkeiten gäbe es, den Aneignungsprozess verwaisten Eigentums von Privatpersonen zu klären?
- Praxisnahe Ergebnisse, die zur Klärung verwaisten Eigentums geführt haben.
Der Workshop ist eine Veranstaltung des Rose Valland Instituts im Rahmen der documenta 14 in Kassel.
Wenn Sie Interesse an einer Teilnahme am Workshop haben, senden Sie bitte ein Abstract mit bis zu 1800 Zeichen auf Englisch sowie einen kurzen Lebenslauf bis zum 5. Mai 2017 per E-Mail an Valentina Ehnimb: valentina.ehnimb [at] rosevallandinstitut.org
Anhand der eingereichten Abstracts werden Teilnehmer_innen zu Vorträgen eingeladen. Die Vorträge werden im Rahmen des Workshops gemeinsam mit Małgorzata A. Quinkenstein, Nathalie Neumann und eingeladenen Expert_innen diskutiert.