Zum Gedenken an Tshiamo Naledi Letlhogonolo Pinky Mayeng (1993–2017)

Tshiamo Naledi Letlhogonolo Pinky Mayeng, Moriri I, II, III, 2013, fotografische Abzüge

„Ke Motlhaping wa ga Molehe o mokwere. Batho ba khiba e ntsho ya ha mmaditlhong e makgantsetse. Batho ba go tshaba tshaba tlhware e bolaiwa ke basedi ka tadi e amusa sethoboloko.“


Hallo Freundin,

nie zuvor haben wir jemanden getroffen, dessen Gefühl für Zeit und Raum auf so geheimnisvolle Weise bewegte,

so losgelöst vom Chaos war, das auf diesem Planeten herrscht.

Pinky, du hast dich an diesem Ort bewegt, ohne dich den Beschränkungen zu beugen, die den Rest von uns an der wahren Arbeit hindern – an der Arbeit, uns vom schmerzvollen System loszumachen, das uns in einem so rohen und grausamen Zustand hält. Deine sanfte aber nachdrückliche Weigerung, bei all dieser Brutalität mitzumachen, hat dazu geführt, dass sich die Menschen dir ganz geöffnet haben. Deine Anstrengungen und Mühen, mit dem Lauf der Zeit und den Bewegungen im Raum umzugehen, bleiben revolutionär – dein Geist war einer der radikalsten, kreativsten, geduldigsten und gütigsten, an den wir uns zurückerinnern dürfen.

Aus ganzem Herzen.


Tshiamo Naledi Letlhogonolo Pinky Mayeng wurde am 18. April 1993 geboren; am 13. August 2017 starb sie in aller Stille. Ihr unverwechselbares Wesen ließ sich ganz leicht in allem, was sie tat, erkennen, wie sie ihren Alltag zwischen den Sprachen des kreativen Widerstandes gestaltete, sei es in lockeren Gesprächen, gemeinschaftlichem Aktivismus, bei ihrem eigenen Kunstschaffen oder ihrer verständnisvollen und besonnenen Präsenz in ihrer Familie.

Pinky immatrikulierte sich im Jahr 2011 an der Sans Souci Girls’ High School in Kapstadt und setzte ihren kreativen Weg anschließend ein Jahr lang an einer Design-Schule fort, wonach sie sich 2013 ebenfalls in Kapstadt an der Michaelis School of Fine Art einschrieb. Die wilde Entschlossenheit, ihren Weg in der Kunst zu gehen, konnte durch keine Hindernisse, die sich ihr in den Weg stellten, gebrochen werden. Zwischen den Jahren 2013 und 2017 studierte und arbeitete sie, wobei sie zeitweilig eine Vollzeitstelle annehmen musste, um ihre Kunstausbildung finanzieren zu können.

Umhlangano, die kleine #FeesMustFall-Gruppe auf dem Art and Drama-Campus der University of Cape Town (UCT) hatte das große Glück, während der Proteste im Jahre 2016 Raum mit Pinky teilen zu dürfen. Pinky fand dort die Form von Liebe und Freude, von der wir überzeugt sind, dass sie ihr halfen, den Frieden und die Ruhe zu finden, die sie in den letzten Monaten ihres Lebens so stark ausstrahlte. Auch wenn sie in den Jahren nach der Highschool viele schwere und schmerzliche Zeiten durchmachen musste, war es doch offensichtlich, dass ihre Suche nach einem Raum, in dem sie ihre kreativen Vorhaben, ihre Spiritualität und ihren Sinn für Humor verwirklichen konnte, schließlich zu einer strahlenden, glücklichen und ungezwungenen Pinky führte, wie wir sie bislang noch nie gesehen hatten.

Das Werk, das sie hinterlässt, wird vom intimen Umgang mit ihrem eigenen Abbild und Körper bestimmt. Beide dienten ihr als Mittel, über das politische Gewicht ihrer eigenen Position und der anderer in Afrika nachzudenken. Über die letzten Jahre hinweg wurde Pinkys Haar und ihre verschiedenen Frisuren zum materiellen Dreh- und Angelpunkt des Großteils ihrer Arbeit. Ihre experimentelle Neugierde, die sich von nichts und niemandem aufhalten ließ, transformierte ihr eigenes Abbild in ein Territorium, das sich beständig entwirrte und zu einem Ort der Reflexion über Ethnizität und Gender wurde.

Über eine ihrer letzten Arbeiten, Ditoro, schrieb sie erst kürzlich auf Facebook:

Ditoro

Dieses Video liegt mir so sehr am Herzen. Betrachte ich, wie sich die Dinge in meinem Leben entwickeln, dann wird mir klar, in welchem Maße ich sie bei dieser Performance vorausgesehen habe.

Teile von mir bleiben in Ditoro II aufbewahrt, eine Geschichte wird zurückgelassen. Gape ka moriri. Ich war noch in keiner meiner Arbeiten so verletzlich und verwundbar …

Botaki. Kunst. Schaffen. Ausdrücken. Das ist wohltuend. Eine Sache, und dafür bin ich dankbar, bleibt. Durch die Kunst bleibe ich ich selbst.

Kelobogile.

Diese Form der Selbsterkenntnis ist es, die Pinky ausmacht; angefangen bei ihrem Ich im Alter von fünf Jahren, das sich an ihren Vater erinnert, der ganz in die Zeitungslektüre vertieft ist und der sich für Musik, Poesie und das Schreiben interessiert. Sie ging durch das Leben, sie trat mit Menschen aus allen Ecken der Welt und mit verschiedenen Hintergründen in Kontakt und bezauberte sie. Und auch wenn sie die zarte Reserviertheit ihres Wesens beschreibt, so hinderte diese sie jedoch keineswegs, stets ehrliche und ausgelassene Gespräche zu führen – sie war zweifellos die am wenigsten voreingenommene Person, die irgendjemand von uns jemals getroffen hat.

Als Pinky dieselbe Geborgenheit und Ermutigung erfuhr, die sie selbst jedem und jeder bereitwillig gab, den sie traf, bewegte sie sich langsam und mit Leichtigkeit, sie rührte alle, wenn sie den „Mayeng“ machte, der seinen Höhepunkt auf der Tanzfläche erreichte. IQhiya erinnert sich an Pinkys Offenheit, die Unterstützung, die sie als Freundin und Mitverschwörerin zu geben bereit war, an ihre neugierig kreativen Bedürfnisse und an ihre vollkommene Leichtigkeit, ihre Fähigkeit, jeden und jede anzuspornen. Für uns wird es hart werden, ohne Mayeng zu tanzen. Es wird schwer werden, nach zwei Stunden einer Sitzung ein breites Lächeln zu vermissen, das, nachdem sie sich zwischen zwei von uns gequetscht hatte, vom Satz

„Tut mir leid Leute, ich bin spät dran, aber ich hol’s auf“

begleitet wurde, während die Gruppe „ayy Mayeng“ murrt und zahlreiches Kopfschütteln zu sehen und unterdrücktes Lachen zu hören ist.

Ich glaube, dass Pinky die Geheimnisse eines und einer jeden von uns kannte; die Ideen, die uns am kostbarsten waren und die nur zögernd losbrechenden, wilden Träume. Denn wo immer sie war, ging es ums Teilen, sei es auf der Tanzfläche, in unseren Ateliers, in den Werkstätten oder beim schläfrigen Geplauder spät nachts. Ich bin mir sicher, dass wir dich wieder treffen werden, wie du dich gegen eingefahrene Auffassungen von Ordnung erhebst und dabei geleitet wirst vom Lernen und der Liebe.

Unsere Herzen sind gebrochen, weil wir dich verloren haben – als Freundin und als Heilerin in unserer Künstler_innengemeinschaft. Wir hatten das Vergnügen, Kapstadt wenigstens für ein paar Jahre mit dir teilen zu dürfen und all unsere Gedanken und Gebete sind bei deiner Mutter, deinem Vater, deinem Bruder, deiner Schwester und den anderen so sehr geliebten Familienmitgliedern, die du, so kurz nur nach dem Tod deiner Großmutter, zurücklassen musstest.

Gepostet in Notizen am 17.08.2017
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