Montag, 3. April 2017, 24.00 Uhr auf ERT2
Angriff auf die Demokratie – Eine Intervention (Democracy Under Attack – An Intervention), 2012, Deutschland, 102 Min.
Regie: Romuald Karmakar
Im Dezember 2011 trafen sich zehn deutsche Intellektuelle in Berlin, um die aktuelle politische Krise zu besprechen und zu diskutieren, auf welche Weise die Demokratie vom so genannten freien Markt und seiner Funktionsweise untergraben, geschwächt, ausgehöhlt und pervertiert wurde.
Jede_r Teilnehmer_in hatte zehn Minuten Zeit, den eigenen Beitrag zu präsentieren. Neun von ihnen hielten einen Vortrag, einer zeigte einen Film. Derjenige, der den Film zeigte, war Romuald Karmakar, einer von Deutschlands entschiedensten und provokativsten Künstler-Filmemachern. Um diesen Moment im intellektuellen Leben der Nation festzuhalten, schuf Karmakar zudem anschließend einen Film über das Treffen. Dafür benutzte er hauptsächlich Material, das von den Organisatoren stammte; und dass dieses Material voller technischer Probleme steckte, wurde Bestandteil der Ästhetik des Films.
Eine derartige Haltung ist typisch für Karmakars Werk. Der Respekt, den er der Wirklichkeit einer Situation zollt, macht seine Kunst lebendig. Wenn eine Nahaufnahme auf ein Gesicht wackelig geraten oder ein Bild unscharf ist, dann fühlte sich dieser Augenblick für die Person, die die Aufnahme gemacht hat, zu jenem Zeitpunkt eben so an. 2012 wurde der Film wahrgenommen wie ein Fanfarensignal für alle diejenigen fortschrittlichen Kräfte, die den Kampf, den zu führen sie schon viel zu lange vermieden hatten, endlich aufnehmen sollten. Sieht man sich Angriff auf die Demokratie – Eine Intervention heute an, dann kann man den Film auch als ein Dokument des Scheiterns des linken Establishments verstehen. In diesem bedeutenden Werk der politischen Kunst finden sich einige der Gründe für den Brexit und für die Wahl eines fragwürdigen Geschäftsmannes in das höchste Amt der USA.
—Olaf Möller, Filmkritiker, Autor und Kurator