Montag, 8. Mai 2017, 24.00 Uhr auf ERT2
Bamako, 2006, Mali, 117 Min.
Regie: Abderrahmane Sissako
Unter der Regie des Mauretaniers Abderrahmane Sissako geht Bamako, der in der Hauptstadt Malis spielt, den Verschränkungen zwischen globalen Wirtschaftsstrategien und dem Alltag nach. Der Film folgt einer Sängerin und ihrem arbeitslosen Ehemann. Im Hof des Hauses, das sie gemeinsam mit anderen Familien bewohnen, findet eine Gerichtsverhandlung statt. Angeklagt sind weltweit agierende Institutionen, denen vorgeworfen wird, Afrika arm zu machen.
In den späten 1980er Jahren versuchten die Weltbank, der Internationale Währungsfonds und das US-Bundesfinanzministerium, Afrika in den globalen Kapitalismus einzubinden. Ihre Strategie bestand darin, die dafür entscheidenden afrikanischen Länder dazu zu bringen, ihre Märkte für das internationale Kapital zu öffnen, dabei die Leistungen durch die öffentliche Hand zu reduzieren und den Warenhandel und die Dienstleistungen zu privatisieren. Die marktorientierten Strategien wurden unter der Bezeichnung „Washington-Konsens“ bekannt. Diese Ökonomen machten für die Armut Afrikas nicht die Ausbeutung und die untragbare Schuldenlast verantwortlich, sondern Verfahrensweisen, die Regierungen über den Markt stellten. Doch jedes afrikanische Land, das dieses Wirtschaftsprogramm übernahm, litt darunter.
Das Handlungsgerüst und die visuelle Poesie von Bamako beziehen die globalen Strategien und ihre lokalen Auswirkungen aufeinander. Nicht in einem großen Gerichtssaal, sondern vor einer Gemeinschaft afrikanischer Bürger_innen im Hof eines Wohnhauses konfrontiert man sich mit denjenigen Einrichtungen, die die Wirtschaft Malis in den 1990er Jahren umstrukturiert und globalisiert haben – und verurteilt sie. Der Washington-Konsens hat eine solche Denkweise geschwächt – für seine Ideologen gab es nur Vereinzelte und den Markt. Doch Sissako nutzt das Kino dazu, das große Gesamtbild persönlich zu nehmen. Bamako erinnert uns nicht zuletzt buchstäblich und etymologisch an die Wurzeln der Ökonomie: an das Gesetz des Hauses.
—Charles Tonderai Mudede, Kulturkritiker, Urbanist, Regisseur und Autor