Montag, 21. August 2017, 24:00 Uhr auf ERT2
Golden Eighties, 1986, Frankreich/Belgien/Schweiz, 96 Min.
No Home Movie, 2015, Belgien/Frankreich, 115 Min.
Regie: Chantal Akerman
Chantal Akerman, die Regisseurin von No Home Movie und Golden Eighties sowie anderen Klassikern des unabhängigen Kinos, starb im Oktober 2015. Ihre kompromisslose und entschiedene Laufbahn als Filmemacherin kulminierte in dem einzigartig radikalen Testament ihres letzten Spielfilms No Home Movie.
Der respektlose Debutfilm Saute ma Ville (1968) der damals achtzehnjährigen Autorenfilmerin spielte in der Küche ihrer Eltern in Brüssel. Ihr bekanntester Film, der 1975 gedrehte feministische Meilenstein Jeanne Dielman, 23 Quai du Commerce, 1080 Bruxelles, entfaltete sich beinahe zur Gänze in der beengenden Begrenztheit der Wohnung einer Frau.
Was scheint also naheliegender für den Abschluss einer solchen Karriere als Filmemacherin als das liebevolle und herzergreifende Porträt einer Mutter, dessen nachdrücklichste Szenen sich wieder in der Küche in Brüssel abspielen? Ein Home Movie also — und doch alles andere als das, denn No Home Movie fängt den konstanten Versuch der Künstlerin ein, mit ihrem Gefühl der Heimatlosigkeit fertigzuwerden. Und er endet mit einer typisch schonungslosen und verstörenden Schlusseinstellung.
Dass Akerman in der Lage war, auch ein heiteres Bild des Alltags zu zeichnen, bestätigt Golden Eighties. Hier wird die Liebe der Tochter zu ihrer Mutter (einer gebürtigen Polin und Überlebenden der Vernichtungslager der Nazis) und zu ihren beiden Elternteilen durch eine köstlich leichte, romantische Musicalkomödie zum Ausdruck gebracht. Der Film spielt in einem Einkaufszentrum der 1980er Jahre und enthält zahlreiche autobiografische Anspielungen und Zweideutigkeiten.
Man wird die beiden Seiten von Chantal Akerman noch sehr lange vermissen.
—Dieter Roelstraete, Kurator documenta 14