Baldugiin Sharav
(1869–1939)

Baldugiin Sharav oder ein Künstler der Urga School, Winterpalast, 1912–13, Mineralpigmente auf Baumwolle, Sammlung Bogd Khaan Palace Museum, Ulaanbaatar, Mongolei, Installationsansicht, Neue Galerie, Kassel, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

Laut der Legende beauftragte der in Tibet geborene, reinkarnierte Herrscher Bogd Khan (1870–1924) den berühmten Künstler Baldugiin Sharav damit, Szenen zu malen, die das Leben auf dem Land in der Mongolei während der ersten Jahre der theokratischen Herrschaft Khans über die Mongolei darstellen sollten. Mithilfe anderer Künstler schuf Sharav zwei Gemälde, die zunächst den Titel Tägliche Ereignisse erhielten, aber nun umbenannt wurden in Ein Tag in der Mongolei (Herbst) und Airag-Fest. Die Gemälde sind symbolisch für die Malereischule Urga – einem Malereistil der Mongolei des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, bei dem versucht wurde, traditionelle Elemente der Volksmalerei zu bewahren und der sich durch narrative Kompositionen mit einfachen, bunten Darstellungen von Ereignissen auszeichnete, dabei frei von streng religiösen Themen war, während er zugleich oftmals Elemente der Parodie und Übertreibung enthielt. Im Jahr 2017 existiert Ein Tag in der Mongolei (Herbst) sowohl als häufig reproduziertes Symbol nationaler Identität als auch als Abbild eines ländlichen Lebens, das heute nur noch außerhalb der sesshaften Stadtzentren der Mongolei vorzufinden ist. Das Bild Winter-Palast, das Gerüchten zufolge ebenfalls von Sharav gemalt wurde, zeigt Khans Winterpalast als wichtiges Zentrum der Landwirtschaft und des Handels sowie einige Szenen der Ausschweifung. Die Gerüchte und potentiellen Skandale rund um die Echtheit der Gemälde und ihre Zuschreibung zu Sharav (der bis zu seinem Tode auch weiterhin als sozialistisch-realistischer Maler in der sozialistischen Volksrepublik Mongolei tätig war) tragen nur noch mehr zu ihrem Status als nationale und kulturelle Symbole bei.

Gepostet in Öffentliche Ausstellung