In derzeitigen Diskussionen um die Grenzen Europas spielt das Meer die Rolle eines schweigenden und unsichtbaren, aber nichtsdestotrotz gewalttätigen Mediums, das die tragischen oder heroischen Grenzüberquerungsversuche von Migrant_innen und Flüchtlingen akzentuiert. Obwohl das Meer sich nicht fassen lässt, wird es zu einer dynamischen Umwelt, die auf die brutalen Vorrichtungen von Grenzposten und Überwachungstechnologien reagiert. Diese Veranstaltung führt drei unterschiedliche Narrative zusammen, um die verschiedenen Wissensformen der techno-natürlichen Echos von Gewalt hörbar zu machen, die an den mediterranen Grenzgewässern und ihren Küsten widerhallen.
Breaking the Waves: The Excess of Mobility During the Long Summer of Migration
Vortrag von Dimitris Parsanoglou
19–20:30 Uhr
Sudeuropa (2005–07)
Maria Iorio und Raphaël Cuomo
Filmvorführung und Diskussion
21–22:30 Uhr
Sudeuropa beginnt mit Luftaufnahmen von Klippen: Bilder aus einer Fernsehsendung über regionale Folklore, die vom italienischen Sender Canale 5 der Mediaset-Gruppe übertragen wurden. Eine weibliche Stimme wiederholt die Worte des Moderators der Sendung. Es geht um das herrliche Panorama, das Mittelmeer, die wunderbare Landschaft und die Urlaubsangebote, die es auf der italienischen Insel Lampedusa, am südlichen Ende des italienischen Hoheitsgebietes, zu genießen gibt. Später wird klar, dass diese Bilder von der Küste nicht zuletzt die Überwachung derselben belegen. In enger Zusammenarbeit mit den Behörden gefilmt, zeichnen sie die Routen nach, die tagtäglich von Militär- und Polizeihubschraubern abgeflogen werden: mit dem Ziel, die italienische Grenze zu sichern und jede ungeregelte und unkontrollierte Ankunft von Menschen zu unterbinden, die die tunesischen oder libyschen Küsten verlassen haben, um Europa mit dem Boot zu erreichen.
Dimitris Parsanoglou ist Migrationssoziologe. In seinen Arbeiten setzt er sich mit transnationalen Arbeitsmärkten und urbanen Räumen, migrantischer Hausarbeit, digitalen Medien und dem Überschreiten von Landesgrenzen auseinander. Er lebt und arbeitet in Athen.
Maria Iorio und Raphaël Cuomo sind ein Künstlerduo, das in Genf und Berlin lebt. Zur künstlerischen Praxis ihrer Zusammenarbeit gehört die Langzeiterforschung der Ökonomien von Sichtbarkeit in Bezug auf frühere und gegenwärtige Regulierungen und Ordnungen der Beweglichkeit entlang der südlichen und nördlichen Küsten des Mittelmeeres.