Phia Ménards Bewegungen und Gesten erzählen von Mutationen und Überführungen, von Transitionen zwischen vorgegebenen Geschlechtern und Genres: von hetero zu queer, von männlich zu weiblich, von Volkskunst zu bildender Kunst, von Zirkus und jonglerie zu Tanz, von Pantomime zu Performance. Ihre dislozierte Kunstpraxis lässt sich nicht einfach dem Tanz oder Theater zuordnen, sondern versteht sich als Erkundung und Dekonstruktion des politischen Status performativen Handelns und der Grenzen zwischen biologischem und theatralischem Körper.
1998, mit 27 Jahren, gründete Ménard die Compagnie Non Nova mit dem Ziel, Jonglieren und Pantomime für die Sprache der zeitgenössischen Kunst zu öffnen und so zu transformieren. Die Gruppe erklärte diese vorgeblich geringeren Ausdrucksformen zur Kunst, verteidigte und feierte jedoch auch die Verbundenheit des Zirkus mit der Kultur der Arbeiterklasse und den populären Codes von Vaudeville und Festivals. Ménards Geschlechtsumwandlung 2008 war von einer Neuausrichtung ihres szenischen Vokabulars begleitet, betonte die Vergänglichkeit angesichts der starren und unflexiblen Natur der Bühne. In ihren Performances trifft der Körper der Künstlerin auf natürliche Materialien im Zustand der Transformation.
In P. P. P. (2008) etwa – entstanden zu einer Zeit, als Ménard mit der Einnahme von Hormonen begann – beschäftigt sich die Künstlerin mit Eis und dessen Wandel von einem bedrohlichen festen Körper zur vollkommenen Flüssigkeit, indem sie 120 Eiskugeln zu je zwei Kilogramm jongliert. Ähnlich wie bei der Verabreichung von Hormonen ist auch hier die biochemische, materielle Präzision entscheidend: ein wenig schwerer, und die Eiskugeln könnten die Künstlerin verletzen; ein wenig leichter, und sie würden zu schnell schmelzen. In L’Après-midi d’un foehn und Vortex (beide 2011) benutzt Ménard kreisförmig angeordnete Ventilatoren, schwebende Plastikbeutel und wogende Folien, um ein unsichtbares Element zu erforschen: Luft. Für Belle d’hier (2015) wiederum, ein Stück für fünf Balletttänzer_innen, verbringt sie mehrere Stunden bei Minustemperaturen in einer Art Gefrierschrank, um an den gefrorenen Kostümen zu arbeiten, die für die neunzigminütige Aufführung benötigt werden. Analysierte die Künstlerin nach 2008 das Thema Geschlechtsumwandlung anfangs noch als materiellen, biopolitischen Prozess – der Kampf gegen das Eis als Kampf gegen aufgezwungene sexuelle und politische Identitäten –, so kritisieren ihre aktuellen Arbeiten vermehrt hetero-patriarchale Konventionen und künden gleichzeitig von einer neuen transfeministischen Ästhetik.
— Paul B. Preciado