Sanja Iveković

Sanja Iveković, Lady Rosa of Luxembourg (2001), vergoldetes Polyester und Holz, Kunstprojekt im öffentlichen Raum, Luxemburg

Sanja Iveković, Monument to Revolution, 2017, Avdi–Platz, Athen, documenta 14, Foto: Yiannis Hadjiaslanis

Sanja Iveković, Monument (People), 1979/2017, Silbergelatineabzug, Installationsnansicht, ​Palais Bellevue, Kassel, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

Sanja Iveković, 1949 in Zagreb geboren, wurde als Mitglied der Neuen Kunstpraxis bekannt, einer Künstlergeneration in der Sozialistischen Republik Jugoslawien, die nach den Studentenprotesten von 1968 in Erscheinung trat. Die Gruppe lehnte das offizielle modernistische Kunstparadigma ab und initiierte eine weitreichende kritische Analyse sozialer, kultureller und institutioneller Fragen, wobei sie auf „neue Medien“ wie Performance und Videokunst zurückgriff.

Seit diesen Anfängen setzt sich Iveković kritisch mit der Konstruktion von Geschlechterrollen, mit dem Verhältnis von privater und öffentlicher Sphäre und mit den institutionellen Rahmenbedingungen des Kulturbetriebs auseinander. Im neu gegründeten Nationalstaat Kroatien untersuchte sie die Kontamination des öffentlichen Raums durch reaktionäre nationalistische Prozesse sowie die kollektive Amnesie angesichts der antifaschistischen Vergangenheit des Landes. Auch Gewalt gegen Frauen und die seit den 1990er Jahren zu beobachtenden Formen des Raubtierkapitalismus sind Themen ihrer Arbeit.

Ivekovićs überzeugte feministische Haltung ist eine Konstante in ihrer langjährigen künstlerischen Laufbahn, von richtungsweisenden Arbeiten wie Double Life (1975), Triangle (1979) und Personal Cuts (1982) bis hin zu groß angelegten öffentlichen Kunstprojekten der jüngeren Zeit, die gemeinsam mit Aktivistengruppen realisiert wurden, darunter Women’s House (1998–2003) und Mohnfeld (2007) für die documenta 12. Politische Interventionen in hegemoniale Formen der Erinnerungspolitik und -kultur sind charakteristisch für das Werk der Künstlerin. Diese Arbeiten erscheinen als metaphorische „Gegen-Denkmale“ wie in Lady Rosa of Luxembourg (2001) oder als „lebende Denkmale“ wie im Fall von Rohrbach Living Memorial (2005), das die von den Nazis verfolgten Roma und Sinti würdigt, und On the Barricades (2010), das dem Gwangju-Aufstand von 1980 gewidmet ist.

Auch Ivekovićs Projekt für die documenta 14 führt diese Verflechtung von Erinnerung und politischem Widerstand fort. Es ist vom Denkmal für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg (1926) inspiriert, das von der Kommunistischen Partei Deutschlands in Auftrag gegeben, von Ludwig Mies van der Rohe gestaltet und von den Nazis 1935 zerstört wurde. Mit ihrem Konzept, die Fundamente des Denkmals zu rekonstruieren, hinterfragt die Künstlerin das Verhältnis zwischen Revolution und Gedenken und stößt eine Debatte rund um die Konstruktion und Dekonstruktion öffentlicher Erinnerung an.

Das Denkmal wird zu einem Vorwand für neue Formen des politischen Handelns, basierend auf der Treue zu historischen Kämpfen und gleichzeitig der Zukunft eine Bühne bietend. In einer Zeit, in der Faschismus, neoliberal-kapitalistischer Imperialismus und finanzielle Kriegsführung immer mehr an Terrain gewinnen, ist Sanja Ivekovićs Monument to Revolution mahnende Erinnerung an die Vergangenheit, kontroverses Objekt und dinghafte Anrufung zugleich.

— Antonia Majaca

Gepostet in Öffentliche Ausstellung
Auszug aus dem documenta 14: Daybook
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