Herzlich möchten wir zur Eröffnung der Gesellschaft der Freund_innen von Ulises Carrión einladen. Die Gesellschaft macht das Werk und die Taktiken des mexikanischen Künstlers Ulises Carrión (1941–89) zu ihrem Ausgangspunkt, um kulturelle Strategien und Praktiken an der Schnittstelle von Literatur, Performance, Konzeptkunst und Leben zu erkunden. Sie versucht der Forschung und dem Nachdenken über Kunst und Kultur und den Geschichten, die auf ungelesenen Seiten zirkulieren, neue Wege zu bahnen und hält daher regelmäßige Treffen mit Künstler_innen, Kurator_innen, Wissenschaftler_innen und Fans ab. Dabei geht es nicht so sehr um eine Diskussion von Carrións Werk; vielmehr zielen die Treffen darauf ab, die politische Vorstellungskraft der Teilnehmer_innen im Sinne des Künstlers herauszufordern. Am ersten Abend werden die documenta 14 Teammitglieder Hendrik Folkerts und Arnisa Zeqo aus dem Werk Carrións lesen. Im Anschluss daran spricht die Kunst- und Performance-Historikerin Amelia Jones in ihrem Vortrag über Encountering: Gesture as Event, or The Conceptual Body.
Lesung von Werken von Ulises Carrión
Mit Hendrik Folkerts und Arnisa Zeqo
19–19:45 Uhr
Encountering: Gesture as Event, or The Conceptual Body
Vortrag von Amelia Jones mit anschließender Diskussion
20–22 Uhr
Dieser Vortrag von Amelia Jones geht der Frage nach, inwieweit in den Geschichten der westlichen Gegenwartskunst die Konzeptkunst als eine Bewegung bestimmt wurde, die mit der Körper- oder Performance-Kunst wenig gemein hat: beiden Produktionsformen lägen dieser Deutung nach vollkommen verschiedene Absichten zugrunde. Jones beschäftigt sich mit dem Sich-Begegnen, eine Praxis, die unter anderem von Ulises Carrión ins Spiel gebracht wurde. Jones diskutiert die heutige Perspektive einer Neubewertung der radikalen Bürgerrechtsbewegungen der 1960er und 1970er Jahre und argumentiert, dass die komplexesten und wirkmächtigsten Arbeiten dieser Periode diejenigen sind, die die Anliegen von Konzept und Verkörperung überkreuzten, was in Folge zu einer Transformation der grundsätzlichen Frage hinsichtlich des Werts der Kunst, ihrer Bedeutung und ihrer Rolle für die Gesellschaft führte. Betrachtet man die Spannungen zwischen Konzept, Körper, Ereignis und „Kunst“, die um 1960 herum in der westlichen Welt auftauchten, dann gestattet dies ein tieferes Verständnis davon, wie Konzeptkunst, Performance und Körper sich wechselseitig in einer Kunst, die als „Ereignis“ inszeniert wird, beeinflussen und informieren.
Die auf den Vortrag folgende Diskussion wird von Hendrik Folkerts und Arnisa Zeqo moderiert.
Amelia Jones ist Professorin und hat den Robert A. Day-Lehrstuhl an der Roski School of Art and Design der University of Southern California inne. Sie ist Kuratorin, Theoretikerin und Kunst- und Performance-Historikerin. Jones ist Mitherausgeberin des Sammelbandes Otherwise: Imagining Queer Feminist Art Histories (mit Erin Silver) (2016) sowie Herausgeberin von „On Trans/Performance“, einer Sonderausgabe von Performance Research (2016) und des Bandes Sexuality (2014). Zuletzt organisierte sie die Ausstellung Material Traces: Time and the Gesture in Contemporary Art, Leonard & Bina Ellen Art Gallery, Montréal, 2013. Jones lebt und arbeitet in Los Angeles.
Hendrik Folkerts ist Kurator der documenta 14. Zuvor war er von 2010 bis 2015 am Stedelijk Museum Amsterdam Kurator für Performance und Film und verantwortlich für das Diskursprogramm. Er studierte an der Universität von Amsterdam Kunstgeschichte, wobei er sich auf zeitgenössische Kunst und Theorie, feministische Praktiken und Performance spezialisierte. Folkerts ist Mitherausgeber von Stedelijk Studies #3 mit dem Titel „The Place of Performance” (mit Sophie Berribi) (2015) und von The Shadowfiles #3, „Curatorial Education” (mit Ann Demeester und Edna van Duyn) (2013). Folkerts lebt in Kassel.
Arnisa Zeqo ist Pädagogin und Kunsthistorikerin. Zurzeit arbeitet sie als Vermittlungskoordinatorin für die documenta 14. Sie studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität Amsterdam. Dort war sie 2011 Mitbegründerin von rongwrong, einem Raum für Kunst und Theorie. 2015 war sie Curator in Residence am Center for Curatorial Studies des Bard College in New York, wo sie sich mit den Performances von Ulises Carrión beschäftigte und ihren konzeptuellen Essay „Let’s spit on Szeemann“ (2015) verfasste. Zeqo lebt und arbeitet in Athen.