Cornelius Cardew
(1936–1981)

Cornelius Cardew, Partitur für Treatise, 1967, Bearbeitung für die documenta Halle
, Vinyl auf Glasfenstern
, Sammlung Horace Cardew
 und Edition Peters, Installationsansicht, documenta Halle, Kassel, documenta 14, Foto: Nils Klinger

Cornelius Cardew, Partitur für Treatise, 1967, Bearbeitung für die documenta Halle
, Vinyl auf Glasfenstern
, Sammlung Horace Cardew
 und Edition Peters, Installationsansicht, documenta Halle, Kassel, documenta 14, Foto: Nils Klinger

Cornelius Cardew, Partitur für Treatise, 1967, Bearbeitung für die documenta Halle
, Vinyl
, Sammlung Horace Cardew
 und Edition Peters, Installationsansicht, documenta Halle, Kassel, documenta 14, Foto: Nils Klinger

Cornelius Cardew, Installationsansicht mit Partitur für Treatise, 1967, Bearbeitung für die documenta Halle
, Vinyl
, Sammlung Horace Cardew
 und Edition Peters, documenta Halle, Kassel, documenta 14, Foto: Nils Klinger

Cornelius Cardew, Stockhausen Serves Imperialism (Latimer New Dimensions Limited, 1974), Installationsansicht, documenta Halle, Kassel, documenta 14, Foto: Nils Klinger

Cornelius Cardew, Treatise, 1967, originale und veröffentlichte Partitur, Vektorisierung für die Adaption in der documenta Halle, Sammlung The British Library, London, Horace Cardew und Edition Peters, Installationsansicht, Neue Galerie, Kassel, documenta 14, Foto: Milan Soremski

Treatise ist eine grafische Partitur, die ohne Bezug auf ein Regel­system komponiert wurde, das die Interpretation bestimmen würde. Das Stück wurde 1963 begonnen und ist noch immer unvollständig; die hundert Seiten, die zur Zeit fertig sind, entsprechen etwas mehr als der Hälfte des vollständigen Stückes. Die Länge der Partitur ist die Legitimation für die Abwesen­heit eines interpretativen Systems; das grafische Material wird in solch erschöpfender Weise behandelt, dass eine Interpretation (musikalisch oder anderweitig) quasi unbewusst in der Vorstellung der Leser_innen im Verlauf des Lesens der Partitur entstehen kann. Eine beliebige Anzahl Musiker_innen mit allen möglichen Instrumenten kann teil­ nehmen. Jede_r Musiker_in spielt von der Partitur, liest sie in den Begriffen seines oder ihres jeweiligen Instruments und entsprechend individueller Neigung. Eine Anzahl allgemeiner Entscheidungen mag im Vorhinein getroffen werden, um die Aufführung zusammenzuhalten, jedoch ist ihr improvisatorischer Charakter für das Stück essentiell. Eine Anerkennung oder ein Ver­stehen des Stückes während der Aufführung sollte auf dieselbe Art und Weise wachsen wie die Inter­pretation der Musiker_innen. Eine Orientierung ist langsam, im Verhältnis zur Länge des Stückes, aber sie ist auch spontan, da keine bestimmte Orientierung vorge­schrieben wird.

—Cornelius Cardew, “Treatise: Résumé of Pre­-Publication Performance”, in: Treatise Handbook, Edition Peters London, copyright Hinrichsen Edition Ltd. (1971)

***

Im Falle von Treatise bietet eine Linie oder ein Punkt sicherlich so viel Orientierung wie die Schnur im Nebel. Sie stehen unmittelbar in Verbindung zu der zentralen Notenlinie, die in einer gewissen Weise mit der Spur korrespondiert, die beim Gehen produziert würde. Diese „Betreffzeile“ ist essentiell; alles andere, etwa eine Seitenzahl, wäre absolut überflüssig. Man beachte den verwirrenden Effekt der gebrochenen Zeilen in Winter Music...

In Treatise erscheint die Partitur nicht repräsentativ. Es gibt keine Regeln der Darstellung. Außer vielleicht, dass die zentrale Linie den Performer oder einen Gedankenstrang darstellt...

Treatise: Was ist das? Nun, es ist ein Wirbeltier...

Eine Partitur ist ein logisches Konstrukt, das in das Chaos aller möglichen Geräusche, die diesen Planeten und seine Atmosphäre durchdringen, eingeschleust wird. Das relativiert Beethoven und den Rest!

—Cornelius Cardew, “Treatise: Working Notes”, in: Treatise Handbook, Edition Peters London, copyright Hinrichsen Edition Ltd. (1971)

Gepostet in Öffentliche Ausstellung
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