Etwas ist faul im Staate der Medien. So faul, dass heutzutage ein Mann, den man der Kriegsverbrechen beschuldigt, die Mainstream-Medien in Anspruch nehmen kann um zu verlautbaren, dass die Wirklichkeit deren Narrativ entlarvt habe. Und er freut sich schon im Vorfeld über den Einschlag seiner Kritik, wenn sie über die Bildschirme der Welt flimmert.
Es stimmt natürlich, dass unser Krimineller redegewandt ist und das Auftreten eines Gentleman hat, vor allem im Vergleich mit einem US-Präsidenten, der vor der CIA die Medien beleidigt. Aber ist das schon Grund genug, bei ihm das Vorsichtsprinzip außer Kraft zu setzen, das man gewöhnlich für rücksichtslose Gewaltmenschen wie ihn gelten lässt? Warum behandelt man ihn nicht wie Vogue oder Allure, Zigarettenmarken, die erst vor kurzem in Europa verboten wurden, weil ihre Verpackungen fälschlicherweise Vorteile suggerieren und die Konsument_innen in die Irre führen?
Seit März 2011 wurden diese Fragen niemals gestellt; seit dem Tag, an dem unser Verbrecher den Syrern und Syrerinnen den Krieg erklärt und sie als Bazillen bezeichnet hat. Damals gab es anhaltende Versuche, die Öffentlichkeit zu informieren, trotz der landesweiten Mediensperre, die das Regime in Damaskus verhängte. Doch die Mainstream-Medien lieferten nicht die notwendigen Mittel, um die Lage zu vermitteln, obwohl sie dies in der Vergangenheit für Menschen getan hatten, deren Überleben bedroht war – etwa während der Belagerung von Sarajevo zwischen 1992 und 1995. Stattdessen bildeten sie einen Schulterschluss mit den Sozialen Medien, indem sie einen dubiosen Informationsapparat einrichteten, der Immersion um den Preis der Perspektive privilegierte, wo zum Nachteil der Information das Mitgefühl zum Einsatz kam und das Spektakel die Menschenwürde ersetzte. Das Ergebnis: Opfer, deren Würde gewahrt werden sollte, wurden verächtlich gemacht, ein Krimineller, den man anprangern hätte müssen, wurde legitimiert und das Böse banalisiert, gerade so wie man es zu einer Zeit getan hatte, als Untermenschen vor dem Angesicht einer gleichgültigen Welt zunichte gemacht wurden.
Wie schaffen wir es, einen solchen allgemeinen Zustand der Verwerfung hinter uns zu lassen? Wir haben selbst versucht bloßzustellen, zu analysieren, Vorschläge zu unterbreiten. Aber es hat keinen Zweck.
Etwas ist mehr als faul im Staate der Medien. Und wenn wir kein Heilmittel finden, verlieren wir schlussendlich eine wertvolle Gegenmacht im Kampf gegen das Postfaktische, das die Fundamente unserer gemeinsam geteilten Welt in Damaskus, Washington und anderswo untergräbt.