Die im brutalistischen Stil gebaute Neue Hauptpost, von der documenta 14 in Neue Neue Galerie umbenannt, wurde 1975 als Hauptpost und Briefzentrum von Kassel eröffnet. Aufgrund von Teilprivatisierung und der Digitalisierung postalischer Dienste steht sie heute überwiegend leer. Das Gebäude erscheint als Ort, der ganz unmittelbar die Auswirkungen der Virtualisierung auf den Dienstleistungssektor wirtschaftlicher Produktion spürbar macht; seine leeren Flächen sind ein stilles Zeugnis der Endphase der Wirtschaft. Heute sind in dem architektonischen Körper die unterschiedlichsten öffentlichen Dienste, wie etwa das Straßenverkehrsamt der Stadt oder die Hephata Diakonie (eine evangelische Organisation, die sich der Jugendhilfe und der sozialen Rehabilitation widmet) untergebracht, aber auch Privatunternehmen wie die Fitnesskette McFit, die sich direkt über der Hauptausstellung der documenta 14 befindet.
Die Rolle des alten Postamts als Distributionsknotenpunkt erinnernd, arbeiten die hier ausstellenden Künstler_innen bei ihrer Neukonfiguration des Orts mit den Achsen zwischen Kassel und Athen, die sie als Ausgangs- und Ankunftslinien begreifen. Ihre Werke setzen sich mit der Arbeit der Verbreitung auseinander – per Post, zu Pferd, durch Körper oder Rituale. Das Konzept der Umverteilung wird erweitert, um umfassendere Fragen der Produktion von Geschichte in den Blick zu nehmen, etwa wie politische Bedingungen einen Kanon ausbilden, der wiederum gewisse Arten von künstlerischer Arbeit hervorbringt. Viele der in der Haupthalle, im Zwischengeschoss und im (einst als Mitarbeiterkantine und Ruhebereich genutzten) obersten Geschoss gezeigten Arbeiten erzeugen kritische Ideen zu geschichtlichen Überschneidungen und machen diesen Ort zu einer sich ständig fortentwickelnden und auflösenden Heterotopie.